Osternacht

Kalt ist es und dunkel. Da und dort leuchten kleine Lichter am Boden. Ein Feuer wird entfacht und bald ist mitten in der Dunkelheit eine Insel aus Licht und Wärme. Nach und nach bildet sich um das Feuer ein Kreis aus Menschen. Osternacht auf dem Waldramer Friedhof. Wenn es nicht regnet, werden wir sie dort feiern wie in den vergangenen zwei Jahren. Draußen feiern, daran haben wir uns während der Coronazeit gewöhnt.
Und feiern auf dem Gräberfeld, das habe ich als junge Pfarrerin auf meiner ersten Pfarrstelle kennengelernt. Die Grablichter, die ich in der Osternacht sehe, erinnern mich an liebe Menschen: ein junger Familienvater, unser langjähriger Organist und seine Frau, ein kleines Mädchen, durch ein schlimme Krankheit zu Tode gebracht. Manchmal hat mir bei der Beerdigung selbst das Herz wehgetan. Oft aber war es der Schmerz der Angehörigen, den ich erlebt habe wie eine zentnerschwere Last, zu schwer um sie sich aufzuladen und weiterzugehen. Dennoch müssen die Trauernden mit dieser Last leben. Müssen weiterleben, auch wenn ihnen davor graut. Grad deswegen ist es mir ein Herzensanliegen, auf dem Gräberfeld Osternacht zu feiern – zu feiern, dass Jesus nicht im Totenreich hat bleiben müssen. Gott führt ihn zurück ins Leben, in ein anderes Leben, dem der Tod nichts mehr anhaben kann.
In der Osternacht hören wir aufs Osterevangelium. Wir lassen unsere Stimmen klingen um „Halleluja, der Herr ist auferstanden“ zu singen. Währenddessen dämmert es. Die Morgendämmerung taucht alles in ein verträumtes Licht aus Rosa, Violett und Gold. Der aufziehende Morgen, der die Nacht vertreibt, die frühlingsemsigen Vögel, die ihre Stimme erheben, die sonnengelben Osterglocken auf den Gräbern: das alles verstärkt die frohe Botschaft von Ostern.
Bestärken will sie uns in der Hoffnung, dass auch uns der Tod nicht behalten kann. Trösten will uns sie mit der Zuversicht, dass die Dunkelheit nicht auf Dauer ein Leben verschattet, selbst wenn es durch einen schlimmen Verlust verwüstet wurde. Auch darauf lässt mich Ostern hoffen: Dunkelheit wird nicht dauerhaft das ukrainische Volk überschatten, das von Russland in den Krieg gezwungen wurde. Wir Christen sind „Protestleute gegen den Tod“: wir lassen uns die Hoffnung nicht ausreden, das Trauernde irgendwann wieder lachen können. Und dass es irgendwann gelingt mit Geduld und Vernunft, den Krieg zu beenden am Verhandlungstisch.
Ein gesegnetes Osterfest wünscht Ihnen

Ihre
Pfarrerin Elke Eilert